Im April und Mai standen nach deinem Fest noch so viele mir persönlich wichtige Dinge an - die Geburtstage von Ada und Luke, unser Osterurlaub, die Lesung, die PSAPOH-Tagung, so dass ich keine Zeit (und auch innere Balance) gefunden habe, von deinem Fest zu erzählen. Und kurz danach war ich einfach zu kraftlos. Neben der Aufregung, die ich immer im Vorfeld als "Organisator" von persönlichen Festen empfinde kam bei deinem Fest noch die tiefe emotionale Ebene dazu. Würde dein Fest so werden, wie du es dir gewünscht hättest? Würden alle dir wichtigen Menschen kommen können? Würde das Wetter mitspielen oder würde uns ein sumpfig-grauer, verregneter Tag erwarten? Würde, hätte, scheiße... Freunde und Familie packten bereits am Vortag kräftig mit an, um den Feierraum herzurichten: Gesprayte Bilder, deine Lieblingsposter, Spruchbänder mit Zitaten von dir, die Snowboars und deine Skatedecks spiegelten dich so dermaßen wider... Am Samstagmorgen lief ich auf Hochtouren, die Spannung wuchs von Stune zu Stunde, bei uns allen, auch bei deinen Geschwistern. Wir alle waren so dankbar, als Uli und Kilian und die Kinder schließlich hier mittags ankamen und uns die nötig ersehnte innere Ruhe brachten - aus Anspannung wurde wieder Leichtigkeit, aus Zweifeln Bestätigung. Gemeinsam bauten wir noch schnell den Pavillon am Ufer der Ruhr auf. Wie immer ging es herrlich chaotisch zu: die Kinder alberten am Wasser herum und etliche Male konnten sie sich gerade eben noch retten, bevor sie ins Wasser geplumpst wären. Wir fachsimpelten über den Zeltaufbau, denn irgendwie schienen wichtige Verbindungsteile zu fehlen. Doch letztendlich stand das Zelt. Auch das Wetter schien unsere Aufbruchstimmung zu spüren und bedankte sich mit sonnigen Abschnitten. Die Zeit schien zu rasen. Wir genossen nach den Aufbauarbeiten schnell ein kühles Bier und fanden noch gerade eben Zeit, uns frisch zu machen und uns umzuziehen.
Ich stand draußen vor der alten Kornbrennerei vor dem Feierraum: dann kamen alle: deine Freunde, die mich so herzlich umarmten, deine Lehrer, deine Stufenkollegen, unsere Familie, unsere Familienfreunde, deine Tennisleute, ein paar vom Kolping, Weggefährten, Vertraute.... Wie viele phantastische Menschen du gekannt hast, was für einen authentischen Freundeskreis du gehabt hast. Viele haben mich im Nachhinein angesprochen, wie viele sympathische, unverfälschte großartige junge Menschen du um dich gehabt hast. Es war so ein offenes Miteinander zwischen Jung und Alt, Schülern und Lehrern, Eltern und Kindern. Auf dem Weg zur Ruhr, wo wir dank Noah, Astrid und Luca riesige Wasserbälle, in die man einsteigen und wie in einem Hamsterrad auf dem Wasser laufen konnte, bereitgestellt hatten, hopste die kleine Mathilde vergnügt an meiner Hand im Hopserlauf den Berg hinunter - welch zauberhafte Leichtigkeit...
Du hast einen Stern geschenkt bekommen; Jesse: "Pink Flamingo" - wie passend. Irgendwann werde ich hier die Geschichte, die sich hinter diesem Namen verbirgt, erzählen. Mensch Jesse, was für ein passendes Geschenk. Man kann deinen Stern sogar mit bloßem Auge erkennen. Wenn der richtige Moment gekommen ist, werde ich mich mit meinen "Liebesperlen" irgendwo ins Gras/an den Strand/ oder wo auch sonst wo hinlegen und im Dunklen mit ihnen gen Himmel schauen. Ich war so gerührt von ihrem Geschenk. Und nicht nur davon. Auch an Andis liebevoll vorbereiteten Erinnerungsbaum hängen so viele "Momente" mit dir... So viele Menschen haben ihn geschmücket und mit persönlichen Erinnerungen an dich zum Blühen gebracht. Über die Baustellenleuchte musste ich ausgelassen lachen. Wo und wann habt ihr die denn "mitgenommen"? - Das würde mich wirklich brennend interessieren. Was hat es mit dem schwarzen Gummihandschuh auf sich? War das der, den du dir mal über den Kopf gezogen hast, um wie Spock auszuschauen? Mathilde hat dir übrigens einen tollen Glitzerstein an den Baum gehängt. Wenn ich ihn betrachte, kommen mir jedoch vor lauter Sehnsucht die Tränen - es ist also ein skurriler Mix aus Lachen und Weinen. Es gibt so viele Situationen, in denen ich dich wahnsinnig brauche und vermisse, meistens auf den langen Autofahrten kreisen meine Gedanken um dich und lassen Erinnerungen und verpasste Zukunftsszenarien aufleben. Allein das Wissen um den baldigen Abiball - ohne dich - bewirkt, dass mir kurz die Luft wegbleibt.
Aber auf deinem Erinnerungsfest warst du dermaßen lebendig. Alle die dort waren, und es waren wirklich viele, vom Zweijährigen bis 70+, haben dich aufleben lassen - mit Geschichten, kleinen Anekdoten, Fotos, Erinnerungsstücken, Musik, Sprüchen, manchmal schweigend einträchtig nebeneinander stehend... Tao hat für dich gesungen - wenn es nach mir gegangen wäre hätte sie nie wieder aufhören sollen. Niklas hat auf der Gitarre lässig-locker gespielt - du hättest grinsend daneben gestanden. Leon hat Fotos von dir zusammengestellt und uns neue Einblicke in die Zeit inmitten deiner Freunde gegeben - echt witzige Bilder 😂. Jemand meinte nach dem Fest zu mir, er habe so viele wertvolle Gespräche über dich mit so vielen tollen, symphatischen Leuten führen können. Besonders schön fand ich, dass der kleine, fußballbegeisterte Milo fragte, ob du früher auch so gerne Fußball gespielt hättest.So viele deiner Freunde haben den Weg zu deiner Party gefunden. Sie haben uns alle begeistert mit ihrer erfrischenden, liebenswerten Art. Sie waren so sehr mit dem Herzen dabei, ergriffen, traurig, vereint mit dieser eurem Alter eigenen Leichtig- und Lebendigkeit. Du hast bis zu deinem Tod so großartige junge Leute um dich gehabt, Jesse. Was für ein Gewinn. Was hättet ihr noch alles gemeinsam erleben können? Eine Zukunft ohne dich wartet auf uns alle... Ich trauere um das, was war, um das was hätte sein können. Ich sitze gerade im Sonnenschein, während ich schreibe und kann nicht aufhören zu weinen. Du bist es so sehr wert, Tränen zu vergießen. Faszinierend ist, dass ich auch nach eindreiviertel Jahren der Traurigkeit noch so viele Tränen übrig habe - ein endloser See aus Liebe. Nach dem Fest war ich so euphorisch, auch noch bei den Aufräumarbeiten - und dann kam diese tiefe Erschöpfung, die Sehnsucht, die Wut, die Hoffnungslosigkeit. Was haben wir da nur für ein Fest ausgerichtet? Wieso konnte ich mich so darauf freuen? Wie skurril? Ich will kein Erinnerungsfest! Ich will mit dir in diesem Jahr deinen 18. Geburtstag feiern, verdammt! Ich will Zeit mit dir erleben und mich nicht nur an die Zeit mit dir erinnern dürfen. Aber es ist, wie es ist und ich kann die Geschehnisse nicht ändern. Und deshalb bin ich andererseits so unglaublich froh und glücklich und erleichtert, dir, mir, uns und all den liebenswerten Menschen um dich/um uns herum solch ein Erinnerungsfest angeboten zu haben. Ich wünsche dir noch großartig, verrückte, halblegale Partys, mein Großer. Lass es krachen, so wie bei dem Feuerwerk, dass die Funkes für dich mitgebracht hatten...
Das klingt ganz nach einem tollen Tag- mit vielen schönen Erinnerungen!
AntwortenLöschenRespekt was ihr auf die Beine gestellt habt!